Moderne Propaganda: 80 Methoden der Meinungslenkung
Moderne Propaganda: 80 Methoden der Meinungslenkung

Johannes Menath, Jahrgang 1993, studierte Chemieingenieurwesen in Erlangen und Nürnberg. Schon früh zeigte er sich politisch interessiert. Mit Freunden gründete er 2018 die Agora-Initiative, die sich kritisch mit der Aushebelung demokratischer Prinzipien durch psychologische Einflussnahme befasst und Aufklärung betreibt. Agora war der Markt- und Versammlungsplatz in Athen, auf dem öffentlich diskutiert wurde, so etwas wie der Geburtsort der Demokratie. Diesen Impuls wollte Johannes Menath mit der Agora-Initiative in unsere Gegenwart bringen. Entstanden ist daraus das vorliegende Grundlagenwerk als Ergebnis mehrjähriger Dokumentation und Recherche.
„Wie bringt man die Bevölkerung eines Landes dazu, in einen Krieg zu ziehen, den sie eigentlich nicht will? Wie bringt man sie dazu, ein Ziel zu verfolgen, das gegen ihre fundamentalen Interessen verstößt?“
Johannes Menath
Täglich sind wir von professionell gestalteten Botschaften umgeben. Fremde Menschen sprechen zu uns, ihre Stimmen dringen in unsere Köpfe. Eine unsichtbare Wolke aus künstlichen Emotionen, Meinungen und Schlussfolgerungen umgibt uns, den modernen Menschen. Die Medien haben unsere Kultur und unser Verhalten wohl noch tiefgreifender beeinflusst als die Kernkraft oder die Massenvernichtungswaffen. Propaganda kann Weltanschauungen verbreiten, Kriegen zum Ausbruch verhelfen, Gehorsam oder Revolutionen erzeugen. Die Bücherregale sind gefüllt von Erkenntnissen der Angewandten Psychologie, Grundlagen und Möglichkeiten der psychologischen Lenkung werden seit über einhundert Jahren wissenschaftlich erforscht. Durch ihr Studium lernt man, Emotionen und Beweggründe der Menschen einzuschätzen. Und doch bleiben deren Methoden im Dunkeln verborgen. Wenn man ehrlich ist, hat man einen Großteil der Kenntnisse, Ansichten und Vorbehalte weniger durch eigene Erfahrungen erworben, als durch Vermittlung Dritter. Unsere heutige Massenkommunikation fördert darüber hinaus die Gefahr, sich in einem Netz aus Beeinflussung zu verfangen.
Dieses Handbuch dient der Mustererkennung und als Schutzschild gegen Manipulation. Der Journalist Dirk Pohlmann bezeichnet es in einem Gespräch mit dem jungen Autoren als „Selbstverteidigung fürs Gehirn“. Johannes Menath will den Leser dabei unterstützen, unterschiedliche Instrumente der Meinungslenkung zu verstehen und damit frühzeitig zu erkennen. Das gezielte Durchschauen versuchter Manipulation ist von fundamentaler Bedeutung, denn jede Demokratie ist nur so stark wie das souveräne Bewusstsein der Wähler. Am Beginn der Entwicklung zum mündigen Bürger steht die Bildung, gerade auch im Hinblick psychologischer Faktoren. Menath stellt hier nicht nur eine Sammlung von 80 Methoden der Meinungslenkung vor, sondern regt den Leser auch dazu an, sein Wissen anhand empfohlener Literatur zu untermauern und zu erweitern. Zudem zeigt er Möglichkeiten auf, wie man souverän gegensteuern kann.
„Macht bedeutet, den menschlichen Geist zerpflücken und dann nach eigenem Gutdünken in neuer Gestalt wieder zusammensetzen zu können.“
George Orwell
Propaganda besteht aus einer Vielzahl von Instrumenten, die in drei Kategorien einteilbar sind. Die erste erzeugt bestimmte Meinungen, die zweite zerstört unerwünschte Ansichten, die dritte besteht aus Werkzeugen, die keine Propagandamethoden im engeren Sinne darstellen. Dabei handelt es sich vielmehr um solche, die eine Beeinflussung erleichtern wie die Etablierung bestimmter Rahmenbedingungen. Die vorgestellten Methoden bauen in diesem Buch aufeinander auf. Die meisten davon werden einem bekannt vorkommen, ohne dass es einem vorher bewusst gewesen ist.
„Ohne Nagel und Holz kann man kein Haus bauen. Will man den Bau eines Hauses verhindern, beseitige man Nägel und Holz. Will man verhindern, dass es politisches Unglück gibt, sorge dafür, dass der Mensch nicht beide Seiten kennenlernt, sondern nur eine. Oder noch besser gar keine.“
Ray Bradbury
2. Ansprache von Grundbedürfnissen
Vor allem in der Werbung wird die Ansprache des Bedürfnisses nach Sex, Gesundheit oder Ansehen genutzt, um bestimmte Produkte zu verkaufen. Im politischen Bereich wird hingegen mit Zorn, Angst und Mitleid gearbeitet, um Botschaften zu übermitteln. Etwa im Rahmen von Dämonisierungs- und Emotionalisierungstechniken.
6. Monopolisierung
Medien sind normalerweise dazu angehalten, ein ausgewogenes, pluralistisches Meinungsbild aufzuzeigen. Verschiedene Sichtweisen ermöglichen dem Bürger, eine neutrale Haltung einzunehmen. Die Meinung der Bevölkerung ist leicht zu steuern, wenn ein bestimmter Sachverhalt immer nur aus einer Perspektive gezeigt wird. Stellt man ein Thema auf ein und dieselbe Art dar, kommt der Bürger zu dem Schluss, es müsse sich um die alleinige Wahrheit handeln. Kritisch denkende Menschen werden dann schnell zum Außenseiter abgestempelt, sobald sie ihren Standpunkt äußern. Das Meinungsmonopol unterbindet damit jeden Diskurs.
15. Spaltung
Die Spaltung einer Volksgruppe etwa könnte man als „demografische Kriegsführung“ bezeichnen. Nach diesem Prinzip „teile und herrsche“ wurde bereits im römischen Imperium Politik betrieben. Eine Aufspaltung in verschiedene kleine Gruppen erleichtert die Kontrolle, da die Menschen unter sich zu zerstritten sind, um ihr Augenmerk auf den Spalter zu richten.
18. Atomisierung
Das Individuum hat keinerlei tiefgreifende Verbindung mehr, jeder kümmert sich nur noch um sich selbst. Atomisierung bedeutet die Aufspaltung der Bevölkerung in dessen kleinstmögliche Einheit, somit gibt es auch kein Gemeinwesen mehr. Der Einzelne richtet sein Hauptaugenmerk nur noch auf den Konsum von Produkten wie Autos, Inneneinrichtung und Mode. Um sich diese leisten zu können, benötigt er Geld, wodurch ein Teufelskreis entsteht. Denn es zwingt den Konsumenten, seine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt an diese Konzerne zu verkaufen. Der atomare Mensch befindet sich auf diese Weise in einer lebenslangen Tretmühle aus Konsum und Arbeit. Höhere Ideale, die seinem Leben einen Sinn geben würden, kennt er nicht. Nach dem französischen Diplomaten Alex de Tocqueville wird die Bevormundung über eine kopflose Masse an Einzelindividuen einfacher als über organisierte Gruppen, natürlich gewachsene Gemeinschaften.
74. Selbstlosigkeit als Vehikel
Ein idealer Deckmantel für politische Programme ist die Aufopferung für andere. Sie erscheint selbstlos und moralisch sehr überzeugend. Selbstlosigkeit erzeugt sozialen Konformitätsdruck, Abweichler werden als unsozial und verantwortungslos gebrandmarkt. Die Obrigkeit schützt sich so vor Kritik, indem sie sie als altruistisch und moralisch notwendig darstellt.
„Sobald sie zum Gegenstand von Propaganda avanciert ist, wird die Demokratie so totalitär, so autoritär und so ausschließend wie die Diktatur.“
Jacques Ellul
Es stellt sich die Frage nach dem Wesen und der Wirkung der Propaganda. Das Gehirn nimmt Sinneseindrücke auf, ordnet sie ein und verarbeitet sie. Unser Bewusstsein ist der uns zugängliche Teil dieser Prozesse. Kognitive Grundstrukturen erschließen sich aus der Verbindung zwischen dem Gehirn und der Umgebung. In der materiellen Welt steht nie etwas still, in allen Dingen ist Bewegung. Alle Grenzen sind fließend, in Raum und Zeit gibt es nie zwei absolut gleiche Objekte. Durch unsere Sinnesorgane wird dieses unvorstellbare „Chaos“ stark vereinfacht. Dieses Setzen von „Wahrnehmungsfiltern“ wird u. a. bei den Manipulationstechniken der Auslassung, der Schwarz-Weiß-Malerei, der Fragmentierung, der Stereotypisierung und der Scheindebatte genutzt. Neben der Vereinfachung steckt in jeder Wahrnehmung auch immer eine Bewertung.
Was können wir den Manipulationstechniken entgegensetzen? Johannes Menath plädiert dafür, den Weg der Tugend zu gehen, indem er die drei Eigenschaften Mut, Klugheit und Zusammenhalt benennt. Er stellt damit einem oberflächlichen Leben, das aus Konsum und Zeitvertreib besteht einen unermesslichen Wert gegenüber: sich für eine gute Sache einzusetzen. Neben dem politischen Handeln ist die Arbeit am eigenen Charakter etwas, das jeden Moment des Lebens sinnvoll ausführt. „Ich kann nur nach außen gehen, wenn ich nach innen gehe.“ Eine der wichtigsten Tugenden ist der Mut zur Konfrontation mit anderen und mit sich selbst. Gepaart mit Klugheit lenkt diese das Handeln in die richtigen Bahnen. „Wer sich bewusst in Situationen bringt, die den Charakter und den Intellekt stärken, der lernt, dass man sein Schicksal selbst in der Hand hat.“ Die dritte Grundlage für ein gestaltendes Wirken ist der Zusammenhalt. Ein wahres Zugehörigkeitsgefühl kann aber erst dann entstehen, wenn wir uns aus der konsumorientierten, geistlosen Kultur mental befreien. Mit den Worten Dirk Pohlmanns, dieses Buch hat das „Zeug zum Standardwerk“.
„Wer die Bilder in unseren Köpfen kontrolliert, der kontrolliert auch uns.“
Johannes Menath